Bürgerkrieg in Myanmar: Eltern schicken ihre Kinder ins sichere Thailand
Text: Alicia Mankel
Weitgehend unbeachtet von unseren Medien herrscht in Myanmar ein blutiger Bürgerkrieg. Familien fliehen nach Thailand, oft werden auch nur die Kinder über die Grenze geschickt, damit sie in Sicherheit sind. Aber sie sprechen kein Thailändisch und müssen häufig auch arbeiten, um zu überleben. Eine Schulbildung ist damit für sie unerreichbar, ein Leben in Armut schon vorbestimmt. Der Kindernothilfepartner Rights Beyond Borders setzt auf lokale Lernzentren: für ihre Bildung und bessere Zukunftschancen.
Yanki strahlt Zuversicht aus, als er mir von seinem Traum erzählt, Formel-1-Profi zu werden. Dafür plant er, seine Schulausbildung abzuschließen und eine Ausbildung zum Mechaniker zu machen. Das Rennauto wolle er dann aber selbst fahren, erklärt er bestimmt. Während er mir hoffnungsvoll von seinen Zukunftsplänen berichtet, wird deutlich, dass all dies vor Kurzem noch unmöglich schien. Im Jahr 2020 veränderte sich Yankis ganzes Leben. Zuerst schlossen die Schulen in seiner Heimat Myanmar aufgrund der Coronapandemie, und er konnte nicht mehr lernen. Am 1. Februar 2021 stürzte das Militär die Regierung unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi – ein blutiger Bürgerkrieg brach aus. Yankis Eltern hatten Angst um ihren Sohn und dass er womöglich als Kindersoldat rekrutiert werden würde, deshalb schickten sie ihn mithilfe eines Fluchthelfers ins Nachbarland Thailand.
Aye Aye (14) floh vor den Bombenangriffen des Militärs
Die junge Aye Aye erzählt mir ihre traurige Geschichte. In ihrem Dorf konnte sie oft die Detonation von Bomben hören, die von Kampfflugzeugen abgeworfen wurden und Tod und Zerstörung brachten. Hier im Lernzentrum fühlt sich die 14-Jährige endlich wieder sicher. Jetzt kann sie sich auf die Schule konzentrieren, denn sie will später Chirurgin werden. Trotzdem sind wir so nah an der Grenze zu Myanmar, dass manchmal auch hier die Bomber des Militärs jenseits der Grenze zu hören sind, ein furchterregendes Geräusch für die traumatisierten Geflüchteten.
Lehrer Tin Win war früher selbst Schüler im Lernzentrum
Aye Aye gehört zu den Kindern, die im Lernzentrum wohnen. Hier gibt es Platz für 87 Mädchen und Jungen, aber seit den erneuten Bombenangriffen im Oktober 2023 leben hier inzwischen mehr als 200. Für viele von ihnen sind die Lehrkräfte die einzigen rechtlichen Vormunde. Sie stehen vor vielfältigen Aufgaben, um ihren Schützlingen gerecht zu werden. Neben der Vorbereitung des Unterrichts und der Freizeitgestaltung müssen sie sich auch um die finanziellen Angelegenheiten und das leibliche Wohl kümmern. Finanziert werden solche Lernzentren zum Beispiel durch Schulgebühren: Ein Schuljahr kostet hier rund 300 Thailändische Baht, das sind etwa acht Euro. Eltern, die sich das nicht leisten können, dürfen auch weniger zahlen. Die Leitungen dieser Zentren kennen die schwierige Lage der geflüchteten Familien in Mae Sot – deshalb dürfen oft auch solche Kinder bleiben, deren Eltern die Gebühren gar nicht bezahlen können oder die ganz allein geflüchtet sind.
Gemüse in Autoreifen und frische Eier von eigenen Hühnern
Die Autorin
Alicia Mankel
arbeitet im Bereich Schutz & Migration und unterstützt die Kindernothilfe als Freelancerin. 2022 besuchte sie Kindernothilfe-Projekte in Thailand.