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Lateinamerika: 20 Millionen Menschen auf der Flucht vor Armut, Hunger und Gewalt

Text: Jürgen Schübelin

Sie hatten es in zwei Monaten von Haiti über Kolumbien, Panama, Costa Rica, Nicaragua bis nach Honduras geschafft, den größten Teil des Weges zu Fuß: die Mutter hochschwanger, zusammen mit dem Vater und zwei kleinen Kindern. In Tegucigalpa bringt die Frau, extrem geschwächt, Zwillinge zur Welt und stirbt wenig später an einer Infektion. Der verzweifelte Vater lässt die beiden Neugeborenen in einem völlig fremden Land im Waisenhaus zurück und setzt mit den anderen Kindern die Flucht in die USA fort. Ob sie dort jemals angekommen sind, wissen wir nicht. Als Blanca Paz, vom Kindernothilfe-Team in Honduras, von dieser Tragödie berichtet, stockt ihr der Atem. Dabei steht das Schicksal der haitianischen Familie beispielhaft für das hunderttausendfache Leid und tausendfache Sterben, das mit der massivsten Flucht- und Migrationsbewegung in der Geschichte Lateinamerikas verbunden ist.

Es ist eine stille, schleichende Katastrophe, die sich da seit einem Jahrzehnt vollzieht – fast völlig im Schatten all der Kriege und Krisen, die die Weltöffentlichkeit derzeit in Atem halten. Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) spricht von 20 Millionen Menschen, die sich 2023 in Lateinamerika auf der Flucht befanden. Zum Vergleich: In allen europäischen Ländern zusammen waren es im selben Jahr 12,4 Millionen, die Schutz und Asyl suchten, darunter allein 6,5 Millionen aus der Ukraine. Eine Zahl der UN-Statistik sticht ins Auge: In Lateinamerika sind ein Viertel aller Flüchtenden Kinder – so viele wie sonst fast nirgendwo auf der Welt. 

 

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Kinder in Honduras haben ohne Hilfe selten Chance auf eine bessere Zukunft (Foto: Christian Nusch)
Maria und ihre Söhne flohen aus Honduras Richtung USA – in Mexiko wurden sie von der Polizei aufgegriffen und abgeschoben (Quelle: Christian Nusch)
Kinder in Honduras haben ohne Hilfe selten Chance auf eine bessere Zukunft (Foto: Christian Nusch)
Maria und ihre Söhne flohen aus Honduras Richtung USA – in Mexiko wurden sie von der Polizei aufgegriffen und abgeschoben (Quelle: Christian Nusch)

Die weltweit gefährlichste Fluchtroute, die nicht übers Meer führt

Die meisten versuchen, innerhalb der Region Sicherheit vor Gewalt und Repression, aber auch ein Auskommen für sich und ihre Kinder zu finden. Wichtige Aufnahmeländer sind Kolumbien, Peru, Ecuador, Chile und Brasilien. Und dann gibt es die mehr als eine halbe Million Menschen, die sich 2023 auf den lebensgefährlichen Weg von Süd- nach Mittelamerika machten, in der Hoffnung, die unter Trump errichtete Mauer zu überwinden und die USA zu erreichen. Nirgendwo ist diese Route so tödlich wie im Tapón del Darién, einem 100 Kilometer breiten Dschungelstreifen im Norden Kolumbiens und Süden Panamas. Hier müssen die Menschen Sümpfe durchqueren, Bergrücken und gefährliche Flüsse überwinden, sind Überfällen von Kriminellen sowie Schlangen und Moskitos ausgesetzt. Kinder werden von ihren Eltern getrennt, Kranke und Sterbende bleiben zurück. Es gibt entsetzliche Berichte über sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Vom „weltweit gefährlichsten Fluchtweg über Land“ spricht das UNHCR. „Wenn wir den Kindern zuhören, die den Tapón del Darién durchqueren mussten“, berichtet Dr. Elmer Villeda, Arzt und seit 22 Jahren Leiter des Kindernothilfebüros in Honduras, „sagen sie ganz oft, dass sie dort dem Teufel begegnet seien.“

In Lateinamerika gab es immer wieder Phasen von Flucht und erzwungener Massenmigration, etwa zurzeit der Militärregime in Brasilien, Uruguay, Chile und Argentinien. Dunkle Jahre, in denen Hunderttausende in Europa und anderen Teilen der Welt um Asyl bitten mussten. Doch die Dimension der aktuellen Fluchtbewegungen stellt diese historischen Erfahrungen in den Schatten.
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Vier Leute mit orange-farbenen Westen gehen durch einen Urwald, einer trägt ein Kind auf den Schultern (Quelle: Floran Kopp)
Laut der Internationalen Organisation für Migration (OIM) durchquerten allein in 2023 über 515 000 Menschen auf der Flucht den Darién-Urwald in Richtung Norden, mehr als fünfmal so viel wie noch in 2021 (Quelle: Floran Kopp)
Vier Leute mit orange-farbenen Westen gehen durch einen Urwald, einer trägt ein Kind auf den Schultern (Quelle: Floran Kopp)
Laut der Internationalen Organisation für Migration (OIM) durchquerten allein in 2023 über 515 000 Menschen auf der Flucht den Darién-Urwald in Richtung Norden, mehr als fünfmal so viel wie noch in 2021 (Quelle: Floran Kopp)

Corona, Klimakatastrophen, Hunger und Terror wirken wie Brandbeschleuniger

Dr. Elmer Villeda hat Geflüchtete in Trojes an der honduranisch-nicaraguanischen Grenze gefragt, was sie dazu gezwungen hat, sich auf den lebensgefährlichen Weg nach Norden zu machen: „Bei vielen ist es die schiere Not, einfach nicht mehr zu wissen, wie die Kinder ernährt oder ihnen ein Schulbesuch ermöglicht werden kann“, berichtet er. Die brutalen sozialen Abstürze, die die Corona-Jahre verursacht haben, aber auch die immer schnellere Abfolge von Klimakatastrophen und die Rückkehr des Hungers in mehreren Ländern, „all das wirkt wie ein Brandbeschleuniger“, so der Arzt.

Zweite Fluchtursache ist der Mahlstrom aus Terror und Gewalt, der ganze Länder erfasst hat. Wo schwer bewaffnete Gangs Stadtteile und Landstriche unter ihre Kontrolle gebracht haben, wo Polizei, Justiz und staatliche Institutionen kapitulieren oder sogar mit dem organisierten Verbrechen kooperieren, fliehen Menschen: „Oft ist der Auslöser“, so Villeda, „miterlebt zu haben, wie ein Familienmitglied oder jemand aus der Nachbarschaft ermordet wurde.“ Oder auch: Die eigenen Kinder in letzter Minute vor der Zwangsrekrutierung durch eine der Gangs schützen zu wollen.

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Jugendliche sitzen vor einer Wand mit einer gemalten 18 (Quelle: Christian Nusch)
Die Mara Dieciocho (18) in Guatemala ist berüchtigt. Unser Partner CONACMI (2. v. r. Projektkoordinator Boris A. Galaván) bietet jungen Menschen einen Ausweg aus den Maras und fängt die auf, deren Flucht vor den gewalttätigen Gangs missglückt ist. Einer aus der Gruppe versuchte es dreimal. In Mexiko wurde er von der Polizei ausgeraubt, von einem Drogenkartell entführt undwochenlang eingesperrt. Bei CONACMI holt er seinen Schulabschluss nach und will dann studieren.   
Jugendliche sitzen vor einer Wand mit einer gemalten 18 (Quelle: Christian Nusch)
Die Mara Dieciocho (18) in Guatemala ist berüchtigt. Unser Partner CONACMI (2. v. r. Projektkoordinator Boris A. Galaván) bietet jungen Menschen einen Ausweg aus den Maras und fängt die auf, deren Flucht vor den gewalttätigen Gangs missglückt ist. Einer aus der Gruppe versuchte es dreimal. In Mexiko wurde er von der Polizei ausgeraubt, von einem Drogenkartell entführt undwochenlang eingesperrt. Bei CONACMI holt er seinen Schulabschluss nach und will dann studieren.   
In den neunziger Jahren war es zunächst ein regionales, auf Honduras, Guatemala und El Salvador konzentriertes Problem: die Ausbreitung der „Maras“, rivalisierender, extrem gewaltbereiter Jugendbanden, die um die Kontrolle von Territorien kämpften. Doch durch Allianzen mit Drogen-, Schutzgelderpressungs- und Menschenhändlerkartellen kommt es zu einem Flächenbrand.
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Selbst Kindesentführungen aus armen Familien

In Lateinamerika leben heute acht Prozent der Weltbevölkerung. Aber vier von zehn auf dem Globus dokumentierten Morden und Tötungsdelikten werden zwischen Patagonien und dem Rio Bravo begangen. Wie unmittelbar sich der Terror von Gangs und Kartellen an der Zunahme von Menschen auf der Flucht ablesen lässt, zeigt das Beispiel Ecuador: In der größten Stadt des Landes, Guayaquil, kämpfen seit Jahren zwei Banden erbittert um die Vorherrschaft über Straßen und Armenviertel: Los Choneros und Los Lobos.

Hinzu kommt das berüchtigte mexikanische Cartel de Sinaloa, einer der wichtigsten Akteure im weltweiten Drogengeschäft. „Selbst Menschen aus den Armenvierteln müssen miterleben, wie ihre Kinder auf dem Weg zur Schule entführt werden, um Lösegeld zu erzwingen“, beschreibt Mauricio Bonifaz vom Kindernothilfe-Büro in Riobamba die Erfahrungen von Partnerorganisationen. „Die gesamte Nachbarschaft ist dann gezwungen, in kürzester Zeit die geforderten Summen zusammentragen, um die Kinder freizubekommen.“ Ganz oft enden diese Entführungen trotzdem tödlich, obwohl die Eltern bezahlt haben.
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Menschenschmuggel ist ein hochprofitables Geschäft

Das kleine Ecuador avancierte in wenigen Jahren zu einem der Länder, aus dem Hunderttausende nur noch wegwollen. Gleichzeitig wurde es zum Drehkreuz verschiedener Flüchtlingsbewegungen. Aus Venezuela flüchteten 8,9 Millionen Menschen vor dem Maduro-Regime, ein Großteil davon über Ecuador nach Süden. Auf dem Luftweg treffen Zehntausende aus afrikanischen und arabischen Ländern – oder neuerdings sogar aus China – ein, die es mit einem Touristenvisum bis Quito oder Guayaquil geschafft haben und Richtung USA wollen.

„Die Cojotes, die Menschenschmuggler“, berichtet Mauricio Bonifaz, „promoten ihre Dienste weltweit. Das ist ein hochprofitables Millionengeschäft, bei dem selbstverständlich die Gangs und Kartelle mitmischen! Eine Schleusung quer durch Mittelamerika bis in die USA kostet bis zu 20.000 Dollar pro Person“. Familien aus den Armenvierteln der ecuadorianischen Städte bleibt nur der lebensgefährliche Weg – über weite Strecken zu Fuß – Richtung Norden.


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Das Armenviertel Cité Soleil in Port-au-Prince, einer der Hotspots der blutigen Bandenkämpfe in Haiti (Foto: Jürgen Schübelin)
Der Armenviertelstadtteil Cité Soleil in Port-au-Prince, einer der Hotspots der blutigen Bandenkämpfe in Haiti (Quelle: Jürgen Schübelin)
Das Armenviertel Cité Soleil in Port-au-Prince, einer der Hotspots der blutigen Bandenkämpfe in Haiti (Foto: Jürgen Schübelin)
Der Armenviertelstadtteil Cité Soleil in Port-au-Prince, einer der Hotspots der blutigen Bandenkämpfe in Haiti (Quelle: Jürgen Schübelin)

Geschäfte mit der Verzweiflung der Menschen

Zuletzt waren es aber vor allem die Menschen aus Haiti, die in den UNHCR-Statistiken ganz vorne auftauchen. Die Terror- und Gewaltherrschaft der bis an die Zähne bewaffneten Gangs, die inzwischen 90 Prozent der Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren, kostete zwischen Januar und Dezember 2023 4000 Menschenleben. Fast 3000 Personen, so der jüngste Bericht des UN-Menschenrechtskommissars Volker Turk, wurden gekidnappt, um Lösegeld zu erpressen. Die Folge: 200 000 Haitianerinnen und Haitianer befinden sich im eigenen Land auf der Flucht vor dem brutalen Regime der Banden, die Hälfte von ihnen Kinder. Wer immer versucht, Haiti zu verlassen, tut alles, um die horrenden Summen aufzubringen, die etwa ein Flug auf das südamerikanische Festland kostet. Für ein One-Way-Ticket greifen regionale Airlines bis zu 2.700 Dollar ab: „Mit nichts lässt sich besser Geschäfte machen als mit der Verzweiflung der Menschen“, sagt Hugue Augustin von Kindernothilfe-Haiti.

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Eine sehr armelige Hütte mitten in der Landschaft (Quelle: Jürgen Schübelin)
Endstation im Nirgendwo: Eine aus der Dominikanischen Republik mit Gewalt nach Haiti abgeschobene Familie hat sich unmittelbar hinter der Grenze bei Fond-Parisien niedergelassen (Quelle: Jürgen Schübelin)
Eine sehr armelige Hütte mitten in der Landschaft (Quelle: Jürgen Schübelin)
Endstation im Nirgendwo: Eine aus der Dominikanischen Republik mit Gewalt nach Haiti abgeschobene Familie hat sich unmittelbar hinter der Grenze bei Fond-Parisien niedergelassen (Quelle: Jürgen Schübelin)

Ganz schlimm war es nach dem jüngsten Massaker, als die berüchtigte Gran Ravin Gang im Armenviertel Carrefour-Feuilles mehr als hundert Anwohner ermordete und damit die panische Flucht von 15 000 Menschen auslöste. „Eltern haben Todesangst um ihre Kinder“, erklärt Augustin, „sie sind bereit, alle Strapazen der Welt und extreme Risiken auf sich zu nehmen, nur um diesem Albtraum zu entkommen.“

Der Preis dafür ist extrem hoch: Für Kinder auf der Flucht gibt es so gut wie keine Chancen, irgendwo zur Schule zu gehen. Sie und ihre Familien sind vom Zugang zu jeglicher Gesundheitsversorgung abgeschnitten. Eine noch gravierendere Folge sieht Augustin im Zerbrechen der sozialen Netzwerkstrukturen, all der Notfallmechanismen, um mithilfe von Verwandten und Nachbarn selbst schwerste Krisen durchstehen zu können: „Eine Familie ohne finanzielle Ressourcen auf der Flucht, in einem fremden Land mit einer fremden Sprache, bewegt sich ständig am Abgrund und hat nur noch sich selbst.“

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Eine Frau sitzt auf einem Stuhl und hält ein Mädchen im Arm (Quelle: Christian Nusch)
Psychologin Kenia Valladares von unserem Partner CASM in Honduras ist eine der Mitarbeiterinnen, die Familien auffängt, die es nicht in die USA geschafft haben und abgeschoben wurden (Quelle: Christian Nusch)
Eine Frau sitzt auf einem Stuhl und hält ein Mädchen im Arm (Quelle: Christian Nusch)
Psychologin Kenia Valladares von unserem Partner CASM in Honduras ist eine der Mitarbeiterinnen, die Familien auffängt, die es nicht in die USA geschafft haben und abgeschoben wurden (Quelle: Christian Nusch)

Couragierte Kindernothilfepartner engagieren sich 

Dieser bedrückenden Anhäufung von Kinderrechtsverletzungen setzen Kindernothilfepartner überall in Lateinamerika seit Jahren couragierte und hochprofessionelle Initiativen und Programme entgegen. Für die Kindernothilfe gehört das Engagement für die Rechte von Kindern auf der Flucht in Lateinamerika inzwischen zu den strategischen Arbeitsschwerpunkten.

Sie unterstützt Projekte in Ecuador, Peru oder Brasilien, um Kindern von aus Venezuela und Haiti geflüchteten Familien zu helfen, zur Schule zu gehen, die Sprache zu erlernen, aber auch, sich gemeinsam gegen Fremdenhass und Rassismus zur Wehr zu setzen.

In Haiti werden in Schulprojekten, die außerhalb der Hauptstadt arbeiten, Mädchen und Jungen von aus Port-au-Prince geflohenen Familien mitbetreut. Und einen ganz wesentlichen Beitrag leistet, so Hugue Augustin von KNH-Haïti, auch die von der Kindernothilfe unterstützte Bewegung der Frauenselbsthilfegruppen, deren Mitglieder die Kinder von geflüchteten Verwandten aufnehmen und versorgen.

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Eingang zur Casa Alianza (Quelle: Christian Nusch)
Im Projekt Casa Alianza leben 100 Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren, damit sie von den Maras nicht gefunden werden und nicht (noch einmal) fliehen müssen. Der Partner achtet sehr auf den Schutz der jungen Leute, deshalb durfte weder das Gebäude noch im Inneren fotografiert werden. (Quelle: Christian Nusch) 
Eingang zur Casa Alianza (Quelle: Christian Nusch)
Im Projekt Casa Alianza leben 100 Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren, damit sie von den Maras nicht gefunden werden und nicht (noch einmal) fliehen müssen. Der Partner achtet sehr auf den Schutz der jungen Leute, deshalb durfte weder das Gebäude noch im Inneren fotografiert werden. (Quelle: Christian Nusch) 
In Guatemala und Honduras liegt der Fokus der Partner auf der Unterstützung staatlicher Institutionen, Kinder in Migrationssituationen wirkungsvoller gegen Gewalt und Missbrauch zu schützen und durch die Verbesserung der Kinderrechtssituation dazu beizutragen, nicht vor Gewalt und Armut fliehen zu müssen. Zehntausenden Mädchen und Jungen, die aus den USA oder Mexiko abgeschoben werden, geben sie eine Chance für einen Neuanfang und bringen Familien wieder zusammen. Vom Finanzvolumen her erreichen all diese Projekte inzwischen rund 4,5 Millionen Euro, die von Kindernothilfe-Spenderinnen und -Spendern, aber auch dank Kooperationen mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aufgebracht werden.
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„All diese Menschen sind keine Bittsteller!“

Zurück in Trojes, an die Grenze zwischen Nicaragua und Honduras: Dort kampiert ein großer Teil der 3 400 Geflüchteten, die Honduras derzeit pro Tag erreichen, völlig erschöpft auf den Straßen und im Stadtpark. Sie warten auf einen Passierschein, der für den weiteren Weg nach Norden nötig ist. Hier arbeiten Elmer Villeda und das Team von Kindernothilfe Honduras mit Hochdruck daran, zusammen mit einem lokalen Partner und unterstützt durch jugendliche Freiwillige ein System aufzubauen, das Flüchtenden eine erste Orientierung und Information über Unterstützungsmöglichkeiten anbietet.

Ein Aspekt ist Elmer Villeda dabei besonders wichtig: „Jahrelang waren es Zehntausende honduranische Kinder und Jugendliche, die vor Terror und Gewalt fliehen mussten. Jetzt ist es an uns, mit denen solidarisch zu sein, die hier auf der verzweifelten Suche nach Schutz und Sicherheit ankommen.“ Und dann zitiert er aus dem Stegreif Artikel 14 jenes Dokuments, das am 10. Dezember 2023 75 Jahre alt geworden ist – die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen: „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen“ und fügt hinzu: „Wir dürfen nie vergessen, dass all diese Kinder und auch die Erwachsenen, die über unsere Grenze kommen, keine Bittsteller sind, sondern ein Recht auf Schutz und die Verteidigung ihrer Würde haben!“
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Mitgewirkt an diesem Text haben: Darline Volcy und Hugue Augustin (Kindernothilfe Haiti), Blanca Paz und Elmer Villeda (Kindernothilfe Honduras), Alba de Arzú (Kindernothilfe Guatemala), Carmen Alemán (Aportes – Peru), Mauricio Bonifaz (Kindernothilfe Ecuador), Christiane Rezende und Flávia Silva (Kindernothillfe Brasilien), Claudia Vera (ANIDE – Chile) – sowie Ulrike und Reinhard Schaller (CDCSH – Port-à-Piment, Haiti).
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Eine Mutter und ihr Kind auf der Flucht in Honduras. (Quelle: Christian Nusch)

Honduras: Wenn Flucht der einzige Ausweg ist

Honduras ist eines der ärmsten Länder Mittelamerikas. Ein Großteil der Bevölkerung verdient zu wenig, um die eigene Familie zu ernähren. Viele Menschen flüchten aus einer Heimat, in der sie keine Zukunft sehen.
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Über den Autor

Porträt von Jürgen Schübelin, ehemaliger Kindernothilfe-Referatsleiter Lateinamerika und Karibik (Quelle: Knut Bry)

Jürgen Schübelin

Sozialwissenschaftler, leitete 21 Jahre das Kindernothilfe-Referat Lateinamerika und Karibik. Er engagiert sich weiter zum Thema „Kinder auf der Flucht“.  

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