Kindernothilfe. Gemeinsam wirken.

12.02.2020
Mehr anzeigen

Bittere Schokolade statt Fairtrade

Globale Gerechtigkeit und Fairtrade – keine Frage, das Punkmusical „Global Playerz“ nimmt sich viel vor. Mit vergnüglicher Leichtigkeit gibt das Stück Anstöße für einen bewussten Lebensstil – für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Am vergangenen Wochenende hatte ich Gelegenheit, es zu sehen – gemeinsam mit Ehrenamtlichen aus ganz Deutschland, die für zwei Tage bei uns in Duisburg zu Besuch waren.

Globalisierung, Verteilungsungleichheit, Lohnausbeutung – keine ganz leichte Kost an einem Samstagabend in Mülheim. Und nichts, was ich von vornherein in einem Punkmusical erwartet hätte. War aber. „Global Playerz“, ein von Sonni Maier entwickeltes und inszeniertes Stück, bricht komplexe Themen wie globale Gerechtigkeit und Fairtrade in eine anschauliche Geschichte runter. Und unterhaltsam!

Zielgruppe sind eigentlich Kinder und Jugendliche ab 9. Aber was Viertklässler verstehen, dachte unser Team Ehrenamt der Kindernothilfe, das kann auch Erwachsenen Spaß machen. So sitze ich am Abend unseres bundesweiten Treffens von Ehrenamtlichen mit knapp sechzig ehrenamtlichen UnterstützerInnen in der Mülheimer Wolfsburg und tauche ein in die Welt von Nia, Skazz und Katey.

Bittere Schokolade

Die drei Teenager bilden zusammen die Girlie-Pop-Punkband „Playerz“. Als Katey zum ersten Mal Ghana, das Heimatland ihrer Eltern, besucht, findet sie ihre Familie nicht wie vermutet in einem kleinen Dorf auf dem Land, sondern in einem Slum von Accra. Sie ist entsetzt von den dortigen Lebensbedingungen. Und recherchiert mit Hilfe ihrer Band das Schicksal ihrer Verwandten. Landenteignung, Kinderarbeit, Hungerlöhne – ein Schokoriegel, den die Bandmitglieder bei ihren Proben futtern, wird dafür zum Sinnbild: für gedankenlosen Konsum bei den einen, für Ausbeutung auf Kakaoplantagen bei den anderen. Der Schokoriegel „The Taste of Africa“ bekommt einen bitteren Beigeschmack – keine Spur von Fairtrade!

Bunt, schrill und ein bisschen crazy ist dieser rockige Abend. Und vermittelt bei aller Vergnüglichkeit eine erstaunliche Fülle von Fakten zum Thema.

Mehr anzeigen
Die Band auf der Bühne (Quelle: Kindernothilfe)
Bunt, schrill und ein bisschen crazy… (Quelle: Kindernothilfe)
Die Band auf der Bühne (Quelle: Kindernothilfe)
Bunt, schrill und ein bisschen crazy… (Quelle: Kindernothilfe)

Fairtrade und globale Gerechtigkeit als Theater on Tour

Seit 2001 entwickelt, inszeniert und spielt Sonni Maier mit ihrem Tourneetheater Stücke für Jugendliche. Und unterstützt damit seit Jahren auch die entwicklungspolitische Bildungsarbeit der Kindernothilfe. Für viele Schulen, die der Kindernothilfe verbunden sind, ist das eine tolle Möglichkeit, sich mit den Themen Gerechtigkeit und Fairtrade auseinanderzusetzen. Ohne erhobenen Zeigefinger. Dafür mit schlauen Hinweisen.

Mach doch mal einen auf Mücke

Mein Lieblingstipp an diesem Abend kommt von „Gabe“ (sprich Gäib), dem vierten Mitspieler auf der Bühne. Ganz in engelhaftes Weiß gekleidet erklärt er seinen Namen: Gabe kommt von Gabriel. Und so wie der biblische Erzengel ist Gabe im Stück auch der von außen Kommende, der rettenden Rat und manch pfiffige Idee mitbringt.

So wie diese: Als Skazz räsoniert, als einfache Jugendliche könne man ja eh nichts tun, gibt ihr Gabe den wunderbaren Tipp: „Mach doch mal einen auf Mücke.“ Die sei ja schließlich auch klein, arm und verletzlich. Aber dennoch gelegentlich ein gewaltiges Ärgernis.

Global Playerz macht Mut zu einem bewussten Lebensstil – für einen deutschen Durchschnittsteenie genauso wie für ehrenamtlich engagierte Erwachsene. Was bleibt, an diesem Samstagabend, mitten in Mülheim, ist die Lust, selbst aktiv und kreativ zu werden – nicht nur beim Griff zur Fairtrade-Schokolade.
Mehr anzeigen
Ausschnitt aus dem Stück (Quelle: Kindernothilfe)
Wir haben es mit unserem Konsum in der Hand, die Menschen in Afrika zu stärken (Quelle: Kindernothilfe)
Ausschnitt aus dem Stück (Quelle: Kindernothilfe)
Wir haben es mit unserem Konsum in der Hand, die Menschen in Afrika zu stärken (Quelle: Kindernothilfe)

Über die Autorin

Porträtfoto von Katrin Weidemann (Quelle: Kindernothilfe / Studio Hirsch)
Katrin Weidemann
ist seit 2014 Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe. Mit ihren Blog-Beiträgen gibt sie persönliche Einblicke in ihre Arbeit.

Das könnte Sie auch interessieren

Geflüchtete Menschen an der Grenze (Quelle: Kindernothilfe)

Zweiklassen-Gesellschaft für Geflüchtete?

Sie können auf uns zählen, die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine: Die Solidarität und Hilfsbereitschaft in Deutschland und Europa ist grenzenlos – zumindest Menschen mit weißer Hautfarbe gegenüber.

Sie können auf uns zählen, die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine: Die Solidarität und Hilfsbereitschaft in Deutschland und Europa ist grenzenlos – zumindest Menschen mit weißer Hautfarbe gegenüber.

Mehr erfahren
Plakat zur Konferenz „The Future of Civic Space“ in Berlin (Quelle: Kindernothilfe)

Zivilgesellschaft und Reformation

Die Zivilgesellschaft ist auf dem Rückzug. Umso wichtiger ist es, gerade jetzt bürgerschaftliches Engagement zu stärken. Die Freiheit der selbstverantworteten Entscheidung war auch ein Grundanliegen der Reformation.

Die Zivilgesellschaft ist auf dem Rückzug. Umso wichtiger ist es, gerade jetzt bürgerschaftliches Engagement zu stärken. Die Freiheit der selbstverantworteten Entscheidung war auch ein Grundanliegen der Reformation.

Mehr erfahren
Plakat zur internationalen Woche gegen Rassismus (Quelle: Kindernothilfe)

Mit Menschenwürde – gegen Rassismus

„BETTELN BANDE KLAUKINDER“ steht in fetten roten Lettern auf dem Plakat. Drei Worte nur. Aber sie lassen bei allen, die das lesen, beinah automatisch einen Film im Kopf ablaufen.

„BETTELN BANDE KLAUKINDER“ steht in fetten roten Lettern auf dem Plakat. Drei Worte nur. Aber sie lassen bei allen, die das lesen, beinah automatisch einen Film im Kopf ablaufen.

Mehr erfahren