Kindernothilfe. Gemeinsam wirken.

18.12.2019
Mehr anzeigen

Tejosh Halder Josh: Vom Patenkind zum gefeierten Künstler

Dass er einmal Künstler werden würde, wünschte sich Tejosh Halder Josh schon als kleiner Junge. Nicht nur seine Eltern haben ihn dabei unterstützt, sondern auch eine engagierte Kindernothilfe-Patin aus München. Heute stehen Tejoshs Skulpturen überall in Bangladesch und die deutsche Patenmutter gehört zu seinen größten Fans.

Es begann mit einer Kuh. Tejosh war gerade mal sieben Jahre alt, als er aus Lehm seine erste Skulptur formte. Aufgeregt rannte er damit zu seinem Vater aufs Feld. Und der Vater – war begeistert. „So eine wunderschöne Kuh!“ Das, so erzählt mir Tejosh lächelnd, war der Anfang für alles, was er später als Künstler erreichte. Die Liebe seiner Mutter und seines Vaters und diese erste elterliche Ermutigung, sie haben ihn sein Leben lang begleitet.

Mittlerweile ist Tejosh 37 Jahre alt und selbst Vater eines dreijährigen Sohns. Ich treffe ihn in seiner Werkstatt in Dhaka. 30 Jahre nach der ersten Kuh-Skulptur ist Tejosh einer der berühmtesten Künstler Bangladeschs.

In der Werkstatt herrscht kreatives Chaos
Dickbauchige Holzskulpturen stehen neben filigran geschweißten Stahlkonstruktionen, halbfertige Tonformen lehnen an Gerüsten. Ein kleiner Innenhof bildet das Herzstück der Anlage, umringt von einer Handvoll Räumen. Geräte und Werkzeuge, Miniaturmodelle und Skizzen stapeln sich dort auf Tischen und Werkbänken. Ich kann mich anfangs gar nicht satt sehen an der Fülle von Ideen, den kunstvollen Formen, und muss die Artefakte tatsächlich erstmal be-greifen.

Nach zwei Runden durch die Werkstatt räumt Tejosh schließlich an einem der Tische ein Eckchen für mich frei und versorgt mich mit einer Tasse frisch gebrühtem grünem Tee. Dann zeigt er mir auf seinem Laptop das Video seiner letzten Ausstellung. Da, erklärt der Künstler und deutet auf den Bildschirm, da siehst du den Brennprozess meiner Skulpturen. Und dort, diese lebensgroßen Bronzefiguren stehen vor der Universität in Dhaka.

Mehr anzeigen
Katrin Weidemann und Tejosh Halder Josh.
Tejosh Halder ist ein vielseitiger Skulpturenkünstler. Er arbeitet vorwiegend mit Bronze und Holz.(Quelle: Kindernothilfe)
Katrin Weidemann und Tejosh Halder Josh.
Tejosh Halder ist ein vielseitiger Skulpturenkünstler. Er arbeitet vorwiegend mit Bronze und Holz.(Quelle: Kindernothilfe)

Vom Bauernsohn zum Künstler – ein langer Weg

Es ist eine erstaunliche Karriere, die Tejosh erleben durfte – der Künstler war ihm nicht in die Wiege gelegt. Als Sohn eines Bauern und einer Hausfrau wuchs er im ländlich armen Süden Bangladeschs auf. Die kirchliche Dorfschule war alles, was sich seine Eltern an Ausbildung für ihn leisten konnten. Über seine Kirchengemeinde bekam er die Chance, im Dacca Diocesan Boys Hostel zu wohnen, dort die örtliche Schule zu besuchen, später die St. Paul´s Secondary School, schließlich das College. Gefördert wurde diese Ausbildung durch eine Patenschaft der Kindernothilfe.

Seine Patin, eine Münchnerin, begleitet Tejoshs Leben seit 30 Jahren. Sie hat ihn von Kindesbeinen an ermutigt, ihm regelmäßig Briefe geschrieben, kennt alle wichtigen Stationen seines Lebens. Sie erinnert sich genau, erklärt sie mir Tage später am Telefon, wie froh und erleichtert sie damals war, als Tejosh seine Schulzeit erfolgreich abschließen konnte.

Die Patenmama ist ein großer Fan

„Und dann erzählte er mir, dass er Kunst studieren will.“ Einen kurzen Moment habe sie da gezögert, meint seine deutsche Patenmutter rückblickend, ob das wirklich das Richtige sei: „Ja kann er denn nix Gscheit´s lernen?“ Darüber lacht sie heute selbst. Mittlerweile ist sie einer von Tejoshs größten Fans, verfolgt seine Karriere im Internet, pflegt den Kontakt mit ihm über Whatsapp und Facebook.

Tejoshs Vater hat die wundersame Entwicklung seines Sohnes zum Künstler nicht mehr erlebt. Er starb noch im Jahr der ersten Kuh. Da war Tejosh sieben. Bestätigung, Ermutigung, Förderung und viel Liebe hat Tejosh dennoch überreich erhalten. Auch von seiner Patenmutter aus München. Persönlich begegnet sind sich die beide übrigens noch nie. Aber sollte er einmal in Europa ausstellen, meint er beim Abschied in Dhaka, dann würde er „unbedingt meine Patenmama in München besuchen“.
 
Mehr anzeigen
Katrin Weidemann betrachtet die Skulpturen (Quelle: Kindernothilfe)
Die Dynamik dieser kleinen Skulpturengruppe reißt den Betrachter förmlich mit sich. (Quelle: Kindernothilfe)
Katrin Weidemann betrachtet die Skulpturen (Quelle: Kindernothilfe)
Die Dynamik dieser kleinen Skulpturengruppe reißt den Betrachter förmlich mit sich. (Quelle: Kindernothilfe)

Über die Autorin

Porträtfoto von Katrin Weidemann (Quelle: Kindernothilfe / Studio Hirsch)
Katrin Weidemann
ist seit 2014 Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe. Mit ihren Blog-Beiträgen gibt sie persönliche Einblicke in ihre Arbeit.

Das könnte Sie auch interessieren

Geflüchtete in Bangladesch (Quelle: Kindernothilfe)

Rohingya: Plötzlich 1 Million neue Nachbarn

Cox´s Bazar war schon immer ein Zufluchtsort. Heute leben dort Hunderttausende Rohingya im größten Flüchtlingslager der Welt. Mit brutaler Gewalt wurden sie aus dem Nachbarland Myanmar vertrieben. 

Cox´s Bazar war schon immer ein Zufluchtsort. Heute leben dort Hunderttausende Rohingya im größten Flüchtlingslager der Welt. Mit brutaler Gewalt wurden sie aus dem Nachbarland Myanmar vertrieben. 

Mehr erfahren
Eine dreckige Puppe liegt auf dem Boden wie Müll (Quelle: Kindenrothilfe)

Indien: Eine Oase mitten im Müll

Hunderte Familien leben vom Müll der indischen Hauptstadt. Auch viele Kinder verdingen sich als Müllsammler – ohne Aussicht auf Bildung und eine Arbeit mit geringeren gesundheitlichen Belastungen.
Hunderte Familien leben vom Müll der indischen Hauptstadt. Auch viele Kinder verdingen sich als Müllsammler – ohne Aussicht auf Bildung und eine Arbeit mit geringeren gesundheitlichen Belastungen.
Mehr erfahren
Geflüchtete an einer Wasserzapfsäule (Quelle: Kindernothilfe)

Wasser ist Leben – erst recht für Geflüchtete

Hunderttausende Rohingya leben in dem riesigen Lager für Geflüchtete bei Cox´s Bazar in Bangladesch. Die geordnete Wasser- und Sanitärversorgung ist eine tägliche Überlebensfrage.

Hunderttausende Rohingya leben in dem riesigen Lager für Geflüchtete bei Cox´s Bazar in Bangladesch. Die geordnete Wasser- und Sanitärversorgung ist eine tägliche Überlebensfrage.

Mehr erfahren